"Machtspiele" - Clara Schumann und Franz Liszt
Clara Schumann: Variations de Concert op. 8
Franz Liszt: Transkriptionen dreier Lieder Clara Schumanns
Robert Schumann: Carnaval op. 9 in der Version von Clara Schumann
Pause
Franz Liszt: Sonate h-Moll Robert Schumann gewidmet
Die Pianistin Ragna Schirmer erfreut sich seit vielen Jahren höchster Anerkennung bei Konzertpublikum und Fachkritik. Ihre Interpretationen zeichnen sich durch die Kunst der Nuance sowie die Liebe zum Detail auf der Suche nach verborgenen historischen und zeitgenössischen Bezügen aus. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter der zweimalige Gewinn des Internationalen Johann Sebastian Bach Wettbewerbs in Leipzig, legen Zeugnis von der beständigen Karriere der Pianistin ab.
In ungewöhnlichen Projekten und moderierten Klavierabenden widmet sie sich unter anderem dem Leben und Werk Clara Schumanns. In ihrem aktuellen Programm Machtspiele fügt sie nun ein weiteres Kapitel hinzu, nämlich das über Clara Schumanns Verhältnis zu Franz Liszt.
Clara Wieck lernte Franz Liszt im April 1838 am Ende ihrer Wiener Konzertreise kennen. Liszt war nach Wien gekommen, um dort mehrere Konzerte zu geben, u.a. ein Wohltätigkeitskonzert für die Opfer einer Überschwemmung in Pest. Franz Liszt und Clara Wieck wohnten im selben Hotel, beide musizierten zusammen, auch vierhändig, privat und auf Soireen. Clara spielte ihm ihre eigenen Kompositionen vor sowie den Carnaval op. 9 von Robert Schumann in ihrer Version. Liszt zeigte sich in einem Brief an Marie d’Agoult beeindruckt: Ihre [Clara Wiecks] Kompositionen sind wirklich sehr beachtlich, vor allem für eine Frau. Sie enthalten hundertmal mehr Erfindung und wahres Gefühl als alle früheren und jetzigen Fantasien von Thalberg. Clara Wieck schätzte Liszts virtuose Fähigkeiten sehr, zweifelte aber durch diese Bewunderung kurzzeitig an ihren eigenen. Später nahm sie eine kritischere Haltung gegenüber seiner exzentrischen Spielweise und teils fehlender Werktreue ein.
Während Liszt über Clara Schumann stets mit Hochachtung sprach und sich für die Werke Robert Schumanns einsetzte, kühlte Claras Bewunderung für Liszt immer mehr ab. Im Dezember 1841 traten beide noch zusammen im Leipziger Gewandhaus auf und bis 1847 gehörten Liszts Werke in ihr Programm. Zu einem Bruch kam es (jedoch nicht von Seiten Liszts) im Juni 1848: Liszt war zu einer Soiree im Hause der Schumanns in Dresden eingeladen, kam zwei Stunden zu spät und nannte Robert Schumanns Klavierquintett leipzigerisch. Während Robert Schumann schon einige Zeit nach diesem Ereignis wieder Kontakt mit Liszt aufnahm, war Clara Schumann schwer enttäuscht.
Liszts Wertschätzung Clara Schumann gegenüber brach jedoch nicht ab. Er organisierte sogar auf ihre Anfrage hin ein Konzert für sie in Weimar, bei dem sie am 27. Oktober 1854 das Klavierkonzert a-Moll op. 54 spielte und Liszt auch die Ouvertüre zu Manfred op. 115 sowie die vierte Sinfonie d-Moll op. 120 von Robert Schumann dirigierte. Im selben Jahr verfasste Liszt einen langen Aufsatz über Clara und Robert Schumann, der in der Neuen Zeitschrift für Musik in drei Ausgaben abgedruckt wurde (Nr. 23 vom 1.12.1854, Nr. 14 vom 30. März 1855, Nr. 15 vom 6. April 1855). Nach dem Tode Robert Schumanns 1856 trafen Franz Liszt und Clara nur noch äußerst selten zusammen und ab 1860 nahm die Distanz durch widerstreitende Positionen der Brahmsianer und Neudeutschen zu. 1884 nahm Clara Schumann noch einmal per Brief Kontakt mit Liszt auf, sie arbeitete an der Herausgabe der Jugendbriefe von Robert Schumann und bat Liszt um Zusendung von Briefen zur Abschrift. Liszt hatte aber die Briefe von und an Robert Schumann nicht aufgehoben, was sicherlich ein Grund dafür war, dass der Briefwechsel zwischen Franz Liszt und Clara Schumann 1884 endete.