Fellow Lecture von Professor Dr. Friedhelm Hartenstein (Fellow des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs Greifswald/Ludwig-Maximilians-Universität München)
Mit der Zerstörung Jerusalems 586 v. Chr. und der Wegführung der Eliten Judas nach Babylonien endete nicht nur politisch eine Epoche. Auch für das Selbstverständnis der Betroffenen bedeutete der Verlust von Königtum und Tempel eine Zäsur. An den Schriften der Hebräischen Bibel lässt sich zeigen, wie sich die Krise produktiv auswirkte: Ab dem 6. Jh. v. Chr. zeichnet sich ein tiefgreifender Wandel im Wirklichkeitsverständnis ab. JHWH, der Gott Israels, wurde nun als einziger Schöpfer der Welt verstanden. Damit fielen auch Leid und Katastrophen in die alleinige Zuständigkeit Gottes. Es entstand eine neue religiöse Identität: die des antiken Judentums. Der Vortrag widmet sich den wesentlichen Begründungsfiguren dieses biblisch bezeugten Monotheismus.
Friedhelm Hartenstein ist seit 2010 Lehrstuhlinhaber für Theologie des Alten Testaments und Religionsgeschichte Israels in ihrem altorientalischen Kontext an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München. Nach seinem Studium in München, Jerusalem und Bonn war er von 2002 bis 2010 Professor für Altes Testament an der Universität Hamburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Psalmen und Prophetie, Bildgeschichte (Ikonographie und Metaphorik) der Hebräischen Bibel sowie Herme-neutik der biblischen Schriften im Licht theologischer, philosophischer und kulturwissenschaftlicher Zugänge. Im akademischen Jahr 2024/25 ist Friedhelm Hartenstein Senior-Fellow am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald.
Moderation: Professorin Dr. Judith Gärtner